„Es
gibt einen Zustand des Ruhens in Gott, der völligen Entspannung
aller geistigen
Tätigkeit,
in dem man keinerlei Pläne macht, keine Entschlüsse fasst und erst
recht
nicht
handelt, sondern alles Künftige dem göttlichen Willen anheim
stellt, sich gänzlich
„dem
Schicksal überlässt“. Dieser Zustand ist mir etwa zuteil
geworden, nachdem
ein
Erlebnis, das meine Kräfte überstieg, meine geistige Lebenskraft
völlig aufgezehrt
und
mich aller Aktivität beraubt hatte. Das Ruhen in Gott ist gegenüber
dem
Versagen der Aktivität aus Mangel an Lebenskraft etwas völlig Neues
und
Eigenartiges.
Jenes war Totenstille. An ihre Stelle tritt nun das Gefühl des
Geborgenseins,
des
aller Sorge und Verantwortung und Verpflichtung zum Handeln
Enthobenseins.
Und indem ich mich diesem Gefühl hingebe, beginnt nach und nach
neues
Leben mich zu erfüllen und mich – ohne alle willentliche
Anspannung – zu
neuer
Betätigung zu treiben. Dieser belebende Zustrom erscheint als
Ausfluss einer
Tätigkeit
und einer Kraft, die nicht die meine ist und, ohne an die meine
irgendwelche
Anforderungen
zu stellen, in mir wirksam wird."
Edith Stein