aus Bhagavad Gita

Der Gott Vishnu tritt in menschlicher Gestalt auf. Er inkarniert sich als Wagenlenker Krishna für Arjuna. Der Held steht in der schwierigen Situation angesichts eines gefährlichen Familienzwistes die Ordnung wiederherstellen zu müssen. Damit muss er gegen seine eigenen Verwandten vorgehen. Der Held Arjuna gerät in einen verzweifelten Pflichtenkonflikt. Kann die Wiederherstellung der Ordnung (die gleichzeitig auch den Kosmos wieder in die Balance bringt) angehen, einen solchen Krieg im Sinne einer höheren Gerechtigkeit zu führen? Ist es aber gerecht, wenn unter den Gegnern zahlreiche Verwandte und spirituelle Lehrer zu finden sind, für die er als Angehöriger der Kriegerkaste schützend einzutreten hat? Der Gott Krishna zeigt ihm nun, dass er angesichts dieser ungeheueren Herausforderung sich nicht zurückziehen kann. Und so kommt es unausweichlich zur größten und blutigsten Schlacht in der indischen Mythologie. Eine gerechte und zugleich spirituell wegweisende Lösung kann nur sein, die wahren Ordnungen der Welt, des Geistes und des menschlichen (Zusammen-)Lebens zu erkennen, ohne in irgendeiner Weise, ihnen verhaftet zu sein. Dies ist nur durch die vollkommene Hingabe an Gott, also Selbst-Losigkeit möglich. Dies zu erkennen, wird letztlich das Leiden insgesamt aufheben. Der Weg dorthin ist allerdings auch ein schmerzlicher. 

Krishna übermittelt ihm zu diesem Anlass in mehreren Gesängen seine Lehren und zerstreut seine Bedenken:


„Dein Wort scheint sinnvoll, doch du klagst
Um die, die nicht beklagenswert,
Ein Weiser klagt um niemanden,
Dem Leben oder Tod beschert.
Nie war die Zeit, da ich nicht war
Und du und dieser Fürsten Schar,
Nie kommt der Tag, da wir nicht sind,
Im Lauf der Zeit herbei fürwahr.
Denn wie die Seele jetzt im Leib
Zum Knaben, Jüngling, Greise wird,
So lebt sie auch im neuen Leib:
Das glaubt der Weise unbeirrt.
Verbindung mit dem Stofflichen
Schafft Glut und Kälte, Lust und Schmerz,
Die gehn und kommen dauerlos
Ertrage sie mit starkem Herz.
Denn wer sie duldet unberührt,
Wer standhaft ist in Freud und Leid,
Wer gleich sich bleibt zu jeder Frist,
Der reift für die Unsterblichkeit.
Nie wird das Nichtsein wesenhaft,
Und wesenlos wird nie das Sein,
Des Seins und Nichtseins Unterschied
Sieht jeder Wahrheitskund’ge ein.
Es bleibt der Urgrund ewiglich,
Von dem dies All ist ausgespannt;
Zunichte werden kann er nicht,
Denn er hat ewigen Bestand.
Vergänglich sind die Leiber nur,
Der ew’ge Geist, der sie beseelt,
Ist ohne Ende, ohne Maß,
Drum kämpfe unverzagt als Held!
Wer meint, dass jemand sterben muss,
Wer glaubt, es morde je ein Mann,
Der irrt: der Geist vergeht niemals,
Der Geist auch niemals töten kann.
Nicht entsteht er, nicht vergeht er:
Wie er war, so bleibt er immer,
Ungeboren, unvergänglich;
Stirbt der Leib auch, er stirbt nimmer.
Wer weiß, dass dieser ewig bleibt,
Wie er von je gewesen schon,
Wie kann der einen Mord begehn,
Wie Mord anstiften, Prithas1 Sohn?"
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