15. Januar 2011

zwischen Sinnenglück und Seelenfrieden bleibt dem Menschen nur die bange Wahl

Ewigklar und spiegelrein und eben
Fließt das zephyrleichte Leben
Im Olymp den Seligen dahin.
Monde wechseln und Geschlechter fliehen,
Ihrer Götterjugend Rosen blühen
Wandellos im ewigen Ruin.
Zwischen Sinnenglück und Seelenfrieden
Bleibt dem Menschen nur die bange Wahl.
Auf der Stirn des hohen Uraniden

Leuchtet ihr vermählter Strahl.
Wollt ihr schon auf Erden Göttern gleichen,
Frei sein in des Todes Reichen,
Brechet nicht von seines Gartens Frucht.
...

Bis der Gott, des Irdischen entkleidet,
Flammend sich vom Menschen scheidet,
Und des Äthers leichte Lüfte trinkt.
Froh des neuen ungewohnten Schwebens
Fließt er aufwärts, und des Erdenlebens
Schweres Traumbild sinkt und sinkt und sinkt.
Des Olympus Harmonien empfangen
Den Verklärten in Kronions Saal,
Und die Göttin mit den Rosenwangen
Reicht ihm lächelnd den Pokal.

- Friedrich Schiller, Das Ideal und das Leben
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